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SchwachSuper 

Wer seine Gewerbeerlaubnis nach § 34f GewO bis jetzt noch nicht beantragt hat, der darf ab 01.07.2013 (zunächst einmal) nicht beraten und dementsprechend auch keine - umsatzsteuerbefreite - Finanzdienstleistung ausüben, denn es steht kaum zu erwarten, dass die Gewerbeerlaubnis innerhalb von 10 Tagen erteilt wird. Natürlich reicht für die "Alte-Hasen-Regelung" die Beantragung bis zum 30.06.2013 aus.

Dann sollte der Finanzdienstleister jedoch sicherheitshalber in den ersten Juni-Wochen in Urlaub gehen. Wer die Alte-Hasen-Regelung nicht in Anspruch nehmen kann, erhält die Gewerbeerlaubnis verbunden mit der Auflage, die künftig erforderliche Sachkundeprüfung bis zum 31.12.2014 nachzuholen. Für viele Finanzdienstleister ist dies offensichtlich keine Option, Die Prüfung und deren Vorbereitung kostet schließlich Zeit und Geld. Manch einer sieht eine Alternative im Anschluss an ein Haftungsdach. Doch dies könnte sich als trügerisch erweisen, denn auch das KWG (Kreditwesengesetz), unter dessen Regelungen Haftungsdächer und deren Tied-Agents unterliegen, setzt expressis verbis eine "geeignete Ausbildung" voraus - ein Punkt, auf den sich die BaFin im Zuge ihrer regelmäßigen Prüfungen der Haftungsdächer früher oder später widmen dürfte.

Die Administration von Finanzdienstleistern unter einem Haftungsdach ist übrigens aufwendig und nicht ganz billig. Neben der Übernahme der Vermögenschadenhaftpflichtversicherung für den Finanzdienstleister muss auch die EdW (Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen) bedient werden. Wirtschaftsprüfer müssen regelmäßig prüfen und berichten und zu allem Übel macht die BaFin auch "Hausbesuche". Das alles muss sich auf Dauer für den Haftungsdach-Anbieter rechnen und vielfach wird davon ausgegangen, dass sich die derzeit teilweise zu beobachtenden Haftungsdach-Discountangebote auf Dauer betriebswirtschaftlich nicht rechnen. Die Folge könnten anziehende Fixkosten und/oder das Aussortieren unproduktiver Finanzdienstleister sein, die dann vor dem großen Problem stehen, dass sie ohne Sachkundeprüfung keine wie die aktuell noch gebotene Chance haben, die Gewerbeerlaubnis zu beantragen und die Sachkundeprüfung nachzureichen.

Eine Alternative insbesondere für Versicherungsvermittler bzw. -makler, die das Investmentgeschäft bislang nur auf "auf kleiner Flamme gekocht" haben,  könnte die Umstellung des kompletten Investmentgeschäftes auf eine "Fondsplattform im Versicherungsmantel" sein. Wir werden bereits in den nächsten Wochen eine entsprechende Lösung für die Überführung individueller Investmentdepots in einen Versicherungsmantel präsentieren, bei der statt der üblichen Nachteile (vor allem bei den Kosten und damit beim Ergebnis für den Kunden) aufgrund der unschlagbar günstigen Kostenstruktur Vorteile generiert werden, die es geradezu verbieten, bei Anlagehorizonten von mehr als drei Jahren darüber nachzudenken, ob man bei der herkömmlichen Depotlösung verharren will. Eine solche Lösung ist mit einer meist längst vorhandenen Gewerbeerlaubnis gem. § 34d GewO durchführbar. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Beratungs- und Dokumentationspflichten bei der Fondsberatung im Versicherungsmantel den seit Jahrebeginn geltenen Vorschriften für die unmittelbare Fondsberatung angeglichen werden, so dürfte es doch dauerhaft dabei bleiben, dass die Beratungs des Geschäftes auch künftig mit der bereits erteilten Gewerberlaubnis für die Versicherungsvermittlung weitergeführt werden kann. Wer jedoch jetzt seine Investmentkunden auf "Fondsdepot im Versicherungsmantel" umstellt, arbeitet noch nach den bislang geltenden Regulierungsvorschriften, was die Umstellung deutlich vereinfacht.

Fazit: Die "Flucht ins Haftungsdach" könnte zum Bumerang werden, denn eine eineinhalbjährige Übergangsphase, wie sie sich jetzt durch die sofortige 34f-Gewerbeerlaubnis auch ohne Sachkundenachweis und ohne Alte-Hasen-Vorteile ergibt, wird es in dieser Form wohl nicht erneut geben. Ungeachtet dessen ist Sachkunde - allemal aus Verbrauchersicht - sehr zu begrüßen. Ob sich Investment-Sachkunde jedoch stets im Einklang mit einer Sachkundeprüfung befindet, darf bezweifelt werden, insbesondere dann, wenn der Finanzdienstleister über ein Back-Office verfügt, über das er seltene Fachfragen (die er übrigens auch mit Sachkundeprüfung schon bald nicht mehr beantworten könnte) klären lassen kann.