Das französchische "fin" heißt nichts anderes als "Ende". INFINUS scheint jedoch eher an das lateinische Wort "infinitus" angelehnt, was auf deutsch "unendlich" bedeutet. Beides könnte symptomatisch sein für das, was sich bei der Dresdner INFINUS-Gruppe gerade zusammenbraut. Vielfach wurden wir in den letzten Tagen darauf angesprochen, warum wir noch keinen weiteren Blog zu INFINUS verfasst hätten.
Schließlich haben wir ja bereits mit unserem Blog vom 13.04.2012 (nur für eingeloggte Kooperationspartner sichtbar) unsere Zweifel angemeldet, wie der aufgetürmte Schuldenberg abgetragen werden soll. Dass erst ein Investmentmagazin (siehe letzte Print-Ausgabe von FONDSprofessionell) recherchieren muss, wie es um die Verschuldung (mit und ohne Taschenspielertricks) der INFINUS und ihrer Holding-Muttergesellschaft bestellt ist, gibt zu denken. Landläufig würde man wohl annehmen, dass eine Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungsunternehmen am ehesten in der Lage sein müsste, solche Entwicklungen zu erkennen. Die BaFin aber gibt zu Protokoll, dass Sie für die Einhaltung regulatorischer Vorschriften zuständig sei. Soll das heißen, dass der, der betrügen (im konkreten Fall gilt natürlich die Unschuldsvermutung) will, sich vor allem peinlich genau an aufsichtsrechtliche Regulierungsvorschriften halten muss, um unbehelligt agieren zu können?
Uns fällt die Geschichte mit der Unschuldsvermutung spätestens seit dem ausführlich recherchierten (und seitens INFINUS wohl auch unwidersprochenen) FONDSprofessionell-Beitrag ziemlich schwer. Wenn uns jemand eine attraktiv verzinsliche Anleihe anbieten würde und dabei darauf hinweisen würde, dass binnen eines Jahres die Hälfte der Bilanzsumme in dreistelliger Millionenhöhe refinanziert werden müsste, so würden wir befürchten, dass Zins und Tilgung für unsere Anleihe eben nicht aus dem Cashflow des Unternehmens sondern durch die Verschuldung bei neuen Anlegern aufgebracht werden sollen. Dies ist bekanntlich nur Staaten erlaubt (weshalb man mit dem Begriff "Schneeballsystem" vorsichtig umgehen sollte).
Ob sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als stichhaltig herausstellen werden, ist wahrscheinlich gar nicht mehr die Frage. Durch die Sperrung der Konten können Anlegern, die zu einem erheblichen Teil Geld mit einem Zeithorizont von 30 bis 90 Tagen angelegt haben, Zins und Tilgung derzeit nicht ausgezahlt werden. Auch wenn sich in der Mehrzahl der Fälle diese kurzfristigen Orderschuldverschreibungen automatisch verlängern (was übrigens das immense Emissionsvolumen und den hohen Anteil an ordentlich getilgten Anleihen erklärt), so wird es doch auch eine beträchtliche Anzahl von Anlegern geben, die das Geld exakt jetzt benötigen und nun in Nöten sind.
Spezialisierte Anwälte zögern nicht, darauf hinzuweisen, dass und wie ein "Arrest" beantragt werden kann, bei dem es im Fall des Falles um die Reihenfolge der Beantragung geht, wenn verteilt werden muss. Wer zuletzt kommt, geht womöglich leer aus. Die Folgen von Berichterstattung über die staatsanwaltlichen Maßnahmen, die Sperrung von Konten und die Eigenwerbung von Anwälten und sicher bald folgende Berichte über Einzelschicksale betroffener Anleger werden wohl selbst dann, wenn sich am Ende herausstellt, dass gar nicht betrogen wurde, das Ende der INFINUS einläuten. Es muss dann festgestellt werden, welche Vermögenswerte vorhanden sind (warum sollte man hunderte von Millionen hochverzinst aufnehmen, wenn der Gegenwert in der Kasse ist?) und ob die Entschädigungseinrichtung deutscher Wertpapierunternehmen (EdW) den Entschädigungsfall feststellt. Das könnte dann in der Tat eine neue unendliche Geschichte (siehe Phoenix) werden. So oder so scheint der Bezug zum Namen INFINUS gegeben, wobei es natürlich abzuwarten gilt, ob es wirklich soweit kommt.
Sollen wir uns nun darüber freuen, dass wir frühzeitig skeptisch waren? Wohl kaum, denn es tut allen - insbesondere auch den seriösen Kräften des Marktes - nun ganz gewiss nicht gut, wenn schon wieder ein weiterer Anlageskandal durch die Medien geht. Über die Schicksale von Anlegern, die einen totalen Vermögensverlust riskiert haben und davon möglicherweise eingeholt werden, wollen wir gar nicht sprechen. Vertrauensbildend ist das auch für nicht betroffene Anleger wohl kaum, es sei denn, sie nutzen die Erkenntnis, dass die Zeichnung von Einzelanleihen eben deutlich risikoreicher ist als die Zeichnung von Fonds, die fach- und sachkundig gemanagt und verwaltet werden. Denn auch wenn die INFINUS-Konten gesperrt sind, über ihre Fondsanteile können die INFINUS-Kunden auch in dieser Situation frei verfügen. Und nur am Rande sei erwähnt, dass uns kein Renten- oder Mischfonds bekannt ist, der INFINUS-Anleihen im Portfolio hat oder hatte.