Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der EU-Kommission haben sich gestern hinsichtlich der Reform der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) geeinigt. Damit ist der Weg frei, um die europäischen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Man kann davon ausgehen, dass entsprechende Gesetze/Verordnungen bis 2016 in Kraft treten werden. Noch gibt es allerdings einigen Diskussionsbedarf.
Positiv ist zu werten, dass nun auch auf EU-Ebene die Provisions- und die Honorarberatung gleichberechtigt nebeneinander bestehen bleiben. Allerdings ist absehbar, dass das in Kürze in Deutschland in Kraft tretende Honorarberatergesetz aufgrund der MiFID II-Vorgaben schon bald wieder angepasst werden muss. Grundsätzlich darf sich nur derjenige als "Unabhängiger Berater" bezeichnen, der keine Provisionen vereinnahmt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Provisionsempfänger - ungeachtet der Frage, ob dies tatsächlich so ist - als "Abhängiger Berater" gilt. Allerdings kann der "Abhängige Berater" durchaus auch Honorare berechnen, während der "Unabhängige Berater" grundsätzlich keine Provisionen - es sei denn zur unmittelbaren Weiterleitung an den Anleger - entgegennehmen darf.
Viel problematischer könnte allerdings die Vorgabe sein, dass der "Unabhängige Berater" zur Wahrung seiner Unabhängigkeit ein eigenes Research nachweisen muss. Die Annahme, dass dies durch die BaFin geprüft wird, liegt nahe. Bislang ließen die Formulierungen im Entwurf der MiFID II nicht erkennen, dass ein solches Research ausgelagert werden könnte. Klar dürfte auch sein, dass ein marktbreites Research keineswegs neben Akquisition, Beratung und Betreuung von Anlegern durch einen Einzelkämpfer mit erledigt werden kann. Man darf also gespannt sein, wie die deutsche Auslegung solcher Vorgaben aussehen wird. Problematisch ist dabei vor allem, dass sich Finanzanlageberater ggfs. demnächst als Honorarberater gem. § 34h GewO registrieren lassen, um dann in zwei Jahren festzustellen, dass Anforderungen auf sie zukommen, die sie gar nicht erfüllen können oder wollen. Die derzeitigen Unklarheiten sprechen eigentlich eher dafür, abzuwarten, ehe man sich auf ein "Abenteuer" einlässt.
Ebenfalls für Diskussionen sorgt die künftige Unterscheidung in komplexe und nicht-komplexe Anlageprodukte. Komplexe Anlageprodukte dürfen bspw. künftig nicht mehr über Direktbanken angeboten werden. Dies würde bspw. die Internet-Vermarktung von "Wikifolios" im Zertifikatemantel unterbinden, wogegen aus unserer Sicht nichts einzuwenden wäre. Allerdings können auch ganz normale UCITS-Fonds als komplex eingestuft werden. Aufgrund der EU-Vorgaben wäre aber damit zu rechnen, dass auch Absicherungsstrukturen, die bspw. eine Garantie einer Ablaufleistung eines Laufzeit-Garantiefonds ermöglichen, als komplex eingestuft werden. Inwieweit sich die Einordnung als komplexes Anlageprodukt künftig auf die Dokumentation der Beratung auswirken könnte, ist derzeit noch nicht absehbar. Wir können uns aber kaum vorstellen, dass eine solche Unterscheidung nicht dazu genutzt wird, die Dinge weiter zu verkomplizieren.
Wir sind sicher, dass bis zur Verabschiedung der MiFID II in deutsches Recht noch einiges zu diskutieren ist. Eines ist auf jeden Fall klar: Es bleibt - wie immer - spannend.